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Wie war das "Lernen auf Distanz" für euch? Wir haben mit Catharina, Janne, Dennis (6. Klasse), Katharina, Maverick (10. Klasse), Ronja und Fynn (12. Klasse) über ihre Erfahrungen mit Videounterricht, Lernplattformen und Selbstorganisation gesprochen.
Ein spannendes Gespräch entwickelte sich daraus, mit vielen geteilten individuellen Erfahrungen, aber auch Punkten, über die sich die Schülerinnen und Schüler der verschiedenen Klassenstufen schnell einig waren. Vielen Dank also an die Runde für eure Beteiligung!
So haben wir zunächst gefragt, wie die sieben den Start in den Distanzunterricht erlebt haben und wie er sich weiterentwickelt hat:
Start in den Distanzunterricht
Fast alle fühlten sich am Anfang wie ins kalte Wasser geworfen. Catharina: „Man musste sich erst einmal darin einleben, plötzlich zu Hause Unterricht zu haben. Das kannte ich bisher gar nicht.“
Der Einstieg wurde mehrmals mit dem Begriff „chaotisch“ beschrieben. So sorgte es für Verwirrung, dass über die erste Lernplattform immer jedem alle Aufgaben gestellt wurden – auch für abgewählte Fächer oder bei differenzierten Kursen wie Französisch für beide Niveaus.
Dies verbesserte sich aus Sicht der Schülerinnen und Schüler mit der Einführung von itslearning und untis. Ronja: „Ich würde sagen, dass mit diesen Programmen ein bisschen mehr Ordnung in das Ganze hineingekommen ist.“
Phasen, in denen Informationen über viele unterschiedliche Plattformen und Medien verbreitet wurden, machten es schwer, sich einen Überblick über den Lernstoff aller Fächer zu verschaffen. Fynn: „Man musste morgens erst einmal all die verschiedenen Apps und Programme abklappern, bis man alle Aufgaben zusammen hatte. Das hat sich dann aber gut entwickelt, als es auf ein oder zwei Programme beschränkt wurde.“
Videokonferenzen
Auch Videokonferenzen gehörten zum neuen Schulalltag, jedoch waren sie anfangs schlecht besucht, auch es gab technische Probleme. So war die Plattform oft überfordert, besonders wenn viele Teilnehmer ihr Videobild übertragen haben; einzelne konnten sich zum Teil nicht einwählen oder die Stimme der Lehrkraft war plötzlich weg.
Eine deutliche Verbesserung spürten die Schülerinnen und Schüler, als die Plattform Webex eingeführt wurde, mit der der Video-Unterricht viel stabiler lief.
Erfahrungen aus dem Ausland
Maverick nahm im vorigen Schuljahr noch am Online-Unterricht seiner früheren Schule in Italien teil und erlebte dort eine vorbildliche Organisation: „Das war wie ein ganz normaler Schultag mit vollem Stundenplan. Wir hatten Lehrer, die per Video aus der Schule unterrichtet haben, und wir haben mitgeschrieben und Aufgaben bearbeitet. Jeder von uns hat von der Schule ein Konto bei Microsoft Teams bekommen, und diese Plattform ist wirklich sehr übersichtlich und hat gut funktioniert.“
Überraschende Vorteile und persönliche Weiterentwicklung
Obwohl alle gezwungen waren, sich an die neue Form des gemeinsamen Lernens zu gewöhnen, wollten wir auch einen positiven Blick auf das vergangene Schuljahr richten. Tatsächlich genossen die Schülerinnen und Schüler auch einige Vorteile während des digitalen Unterrichts:
So teilte uns Katharina mit, dass ihr die zu benotenden Hausaufgaben leichter fielen als die Tests und Arbeiten, die in der Schulzeit doch häufig zu Stress und Zeitdruck führen. Und Ronja fand es gut, statt Tests eigene Präsentationen anzufertigen. Mit PowerPoint erstellt konnten diese dann in Videokonferenzen innerhalb der Klasse präsentiert werden.
Janne und Dennis sahen die Herausforderung, selbstständig zu arbeiten, als eine Chance auf persönliche Weiterentwicklung. Und Ronja ergänzte: „Es war toll, dass wir unsere Zeit selber einteilen und so die Aufgaben auf Vormittag und Nachmittag verteilen konnten, ohne dass die Produktivität verschwindet.“
Und Catharina half das Video-Setting beim Lernen: „Die Klasse verhielt sich während der Videokonferenzen ruhiger als im Klassenraum, was bei mir für mehr Konzentration sorgte.“
Was funktioniert in Mathe, Deutsch und Sport?
Auf unsere Frage nach konkreten positiven Unterrichtserfahrungen hob Fynn seinen Mathematikunterricht hervor: „Unser Mathe-Lehrer war sehr kreativ und hat uns ein privates YouTube-Video hochgeladen, um uns auf eine Klausur vorzubereiten. Das hat mir gut gefallen und ich fand es hilfreich. Die Klausur ist dann tatsächlich sehr gut ausgefallen.“
Sehr positiv berichteten die drei Sechstklässler von ihrem Deutschunterricht, weil ihre Lehrerin in den Video-Meetings vorbereitete Screens mit den Inhalten und Aufgaben gezeigt hatte: Catharina: „Das hat mir persönlich sehr geholfen, weil ich eine Lehrkraft hatte, die mir viel gezeigt und erklärt hat – wie in der Schule. Dadurch konnte ich die Aufgaben viel besser bearbeiten.“
Und auch aus dem Sportunterricht wurde uns erzählt. Janne: „Unser Sportlehrer hat uns Links von YouTube-Videos geschickt, und die sollten wir dann nachmachen. Das waren Videos, die andere Schüler bei uns in der Schule gemacht haben“. Maverick: „Wir haben sogar einen Sport-Test mit Fitness-Videos gemacht: In einer Video-Konferenz und alle gleichzeitig!“
Lerntypen herausgefordert
Ob auf der Schulbank oder zuhause vor dem Computer, wir lernen auf jeweils unterschiedliche Weise am besten. Sogenannte „Lerntypen“ machen uns die Einteilung leichter. So wird unterschieden zwischen visuellen, auditiven, motorischen und kommunikativen Lerntypen.
Catharina erzählte uns, wie es ihr als eher auditiver und kommunikativer Lernerin erging: „Ich lerne am besten, wenn ich etwas selbst mache, wodurch ich Informationen bei Einzel- oder Partnerarbeit sehr viel besser aufnehme, als wenn im Schulunterricht an der Tafel gearbeitet wird. In den sprachlichen Fächern fiel mir das leicht, doch in Mathe würde ich mir wünschen, dass die Lehrkräfte meinem Lerntyp entgegenkommen.“
Katharina: „Ich würde meinen Lerntyp so beschreiben, dass ich als erstes eine Erklärung benötige und dann aber auch den Freiraum, selbstständig üben zu können. Allerdings war es in vielen Fächern so, dass uns Aufgaben ohne weitere Erklärung mit einem festen Abgabetermin zugesendet wurden. Erklärungen haben wir dann oft mit Mitschülerinnen und Mitschülern gemeinsam gesucht. Es kam aber auch vor, dass wir dies bei zu benotenden Aufgaben nicht durften, denn Lehrkräfte sahen darin Betrugsversuche. Wir konnten uns den Stoff manchmal nur grob und über Umwege aneignen. Wo wir konnten, haben wir Lerngruppen gebildet. Ich würde mir mehr Zusammenarbeit wünschen.“
Auch andere berichteten von Erfolgen durch selbst gebildete Lerngruppen, da diese einen Austausch über den Stoff ermöglichten. Während der Videokonferenzen gefiel es Dennis sehr, wenn Teilgruppen eröffnet wurden, weil dabei ein Mix aus Lerngruppen und Zusammenarbeit mit der Lehrkraft entstand. Fynn: „Da unser WiPo-Profil aus nur 6 Schülerinnen und Schülern besteht, würde ich das auch als kleine Lerngruppe bezeichnen. Da haben wir meiner Meinung nach am effektivsten gearbeitet, wenn wir die Aufgaben erst einmal in einem Meeting ohne den Lehrer bearbeitet haben und dieser sich dann später dazugeschaltet hat, um gemeinsam die Aufgaben zu vergleichen.
Blickkontakt, Lernkontrolle und Struktur
Überhaupt waren allen die Videokonferenzen sehr wichtig: Catharina: „In Fächern, wo nichts gezeigt wurde oder es überhaupt keine Videokonferenzen gab, war es natürlich schwierig, sich das alles selbst beizubringen.“
Von den Interviewteilnehmern sehr hoch bewertet wurde die Möglichkeit, den eigenen Lernerfolg zu überprüfen. Janne: „In Mathe haben wir manchmal die Aufgaben in der Konferenz miteinander verglichen; so konnte man sehen, ob man Fehler gemacht hat oder ob man es verstanden hat.“ Und Dennis: „Es hat sehr geholfen, wenn die Lehrer auf untis die Lösungen abgeschickt haben, weil man dann eine Kontrolle hatte, ob man es richtig gemacht hat.“
Ronja: „Ich hätte mir mehr Struktur gewünscht, z.B. dass Videokonferenzen rechtzeitig in den untis Stundenplänen erscheinen; manche Lehrer haben das dort eingetragen, und so wusste man morgens genau, wann welches Treffen stattfindet. Wenn Konferenzen spontan abgehalten wurden, war es manchmal Zufall, ob man davon erfahren hat, und darum waren oft nur wenige dabei.“
Die Fragen stellten Milena Waße und Dirk Seifert